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Marstrand

Skandinavien im September 2024

Von Dänemark nach Schweden, Norwegen und Finnland

Eigentlich sollte die Herbsttour 2024 in die Sächsische und Böhmische Schweiz gehen. Die anhaltende Schlechtwetterlage dort ließ mich jedoch umdisponieren. Nun geht es also nach Schweden. Schnell war die Fähre von Grenå in Dänemark ins schwedische Halmstad gebucht. Am 17. September um 14:10 Uhr sollte die Fähre ablegen. Diesmal habe ich auf eine Übernachtung in Dänemark verzichtet und bin früh am Morgen von zu Hause nach Grenå gestartet. Die knapp 400 Kilometer habe ich in fünf Stunden geschafft und den Fährhafen rechtzeitig erreicht.

Halmstad am Abend

Halmstad am Abend

Dienstag 17. September

Anreise nach Halmstad

Bis zur Verschiffung hatte ich noch mehr als eine Stunde Zeit. Der kaum gefüllte Parkbereich ließ schon vermuten, dass die Fähre keinesfalls ausgebucht war. Etwa 15 LKW und fünf Wohnmobile und ebenso viele PKW warteten dort. Bedauerlich für die Reederei, denn die "Stena Nautica" hat eine Kapazität von 390 Fahrzeugen. Dann begann die Verladung. Relativ zügig waren alle Fahrzeuge im Schiffsbauch verschwunden. Da offensichtlich alle gebuchten Passagiere bereits an Bord waren, legte die Fähre 20 Minuten früher ab. Meine Vermutung war richtig: das Schiff war höchstens zu 15% ausgelastet. Den extra gebuchten Pullman Chair für € 16 hätte ich mir auch sparen können. Es gab genügend freie Plätze auf Deck 7. Die Überfahrt war unspektakulär. Die Sonne schien und es war leicht diesig. Die See war ruhig und fast spiegelglatt. Die 21° ließen sich an Deck im Windschatten bestens aushalten.

 

Nach viereinhalb Stunden spuckte uns die Fähre wieder aus. Es gab, wie auch in Dänemark, keine Einreisekontrollen. Inzwischen war es 19:00 Uhr und es begann bereits zu dämmern. Zur Übernachtung hatte ich mir einen Parkplatz an einer Badestelle ausgesucht, der nur wenige Kilometer vom Fährhafen entfernt lag. Außer mir war dort noch eine Familie mit Wohnwagen, die ebenfalls übernachten wollten.  Wir standen dort auf dem gut ausgeleuchteten Platz und fühlten uns sicher. Die letzten Sonnenuntergangsbewunderer verließen den Parkplatz mit ihren PKW gegen 21:00 Uhr. Die Nacht war ruhig.

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Mittwoch 18. September

Halmstad - Marstrand 

Gegen 7:30 Uhr war ich wach und hatte gut geschlafen. Wie immer, war für die Tour noch nichts Konkretes geplant. Aber eine Idee hatte ich. Der Vildmarksvägen im Norden Schwedens hatte es mir schon lange angetan. Diese Rundstrecke liegt auf fast 900 Meter Höhe und ist wegen großer Schneemengen nur zwischen Juni und dem 15. Oktober befahrbar. Vom Kalender her sollte das passen. Die sehr informative schwedische Seite > VisitSweden hilft bei der Planung. Also los!

Bevor es aber über die E45 stramm Richtung Norden geht, befuhr ich die E6 Richtung Göteborg und bog nach Marstrand ab. Dort war ich 2022 bereits und hielt es für eine gute Einstimmung auf die bevorstehende Tour. Den Stellplatz mitten in den Schären hatte ich auch ohne Navi gleich wiedergefunden. Die Gemeinde verlangt inzwischen SEK 180 (etwa € 16). Das ist ziemlich viel für einen reinen Parkplatz, denn Ver- und Entsorgung oder Strom gibt es nicht. Kleiner Trost: den Platz kann man mit der App EasyPark bezahlen. Es ist von Vorteil, wenn man Orte bereits kennt. Der Coop Supermarkt und der Geldautomat waren schnell gefunden. Die Fährfahrt auf die gegenüberliegende Festungsinsel machte ich diesmal nicht. Den Nachmittag habe ich bei bestem Wetter überwiegend vor der Eisdiele auf der Terrasse verbracht.

Den Abend verbrachte ich im Camper, es war frisch geworden.

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Donnerstag 19. September

Marstrand - Åmål

Es war kalt in der Nacht. Das Thermometer zeigte 10° im Auto. Wie gut, dass ich die Heizung vom Bett aus mit einer App steuern kann. Das ist eine feine Sache. Unter meiner Daunendecke war es nämlich gut auszuhalten. Nur der Kopf war eiskalt. 

Nach den morgendlichen Routinen war ich gegen 8:00 Uhr schon startklar. Es war also noch Zeit für einen weiteren Kaffee.

Mit gemütlichen 70 km/h ging es zurück durch die fantastische Schärenlandschaft zur E6. Bei Uddevalla bog ich rechts ab zum riesigen Vänernsee auf die E45 und von dort weiter Richtung Norden. Unterwegs hielt ich an einem möglichen kostenfreien Stellplatz für die Nacht an. Leider war der Aufenthalt für Wohnmobile nicht gestattet. Schade, der Platz lag direkt am See und bot einen Grillplatz, Holz und eine Trockentoilette. Also ging es weiter immer am See entlang, bis ich mittags den Platz am Yachthafen von Åmål erreichte. Die Registrierung und Bezahlung (SEK 130, etwa € 11,50) über das Netz war aufwendig. Letztendlich klappte es. Für den Preis gab es eine sehr einfache Ver- und Entsorgung sowie Dusche und WC.

Die beschauliche 1.300 Einwohnerstadt fungiert heute überwiegend als Zulieferer für die Automobilindustrie und für den Maschinenbau. Natürlich spielt auch der Yachthafen eine touristische Rolle.

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Freitag 20. September

Åmål - Mora

Und es wurde noch kälter. Heute Morgen waren es nur noch 6° im Camper. Wenn die Temperaturen so bleiben, werde ich wohl auch nachts durchheizen müssen. Von meiner Umgebung war nichts zu sehen, es herrschte dichter Nebel. Der Schleier über dem See war irgendwie mystisch. Ich habe lange mit mir gerungen, ob ich die 50 Meter zum ungeheizten Sanitärgebäude zum Duschen gehen sollte oder nicht. Ich tat es schließlich und habe es nicht bereut. Ich redete mir ein, dass man bei den Temperaturen länger frisch bleibt.

Bevor es wieder auf die E45 ging, brauchte ich noch frisches Trinkwasser und der Müll musste entsorgt werden. Der Nebel hielt sich über etliche Kilometer hartnäckig. Teilweise war die Sichtweite unter 50 Meter. Von der wohl schönen Landschaft war links und rechts nichts zu erkennen. Schade. An einer Q8 Tankstelle fand ich eine Zapfsäule mit AdBlue, der Camper war durstig. 12 Liter mussten nachgefüllt werden. Immerhin ist es nach den 3.500 Bretagne-Kilometern das erste Mal.

Nach gut 200 Kilometern setzte sich die Herbstsonne doch noch durch und löste den Nebel auf. Wie herrlich ist diese Landschaft! Schwungvoll geht es mit 90 km/h durch den Herbst. Die Blätter der Birken sind schon ziemlich verfärbt, die Kiefern mit ihrem Grün setzen farbliche Akzente. 

Gegen Mittag erreiche ich den heutigen Übernachtungsplatz an einer Badestelle des Siljansees. Der Parkplatz liegt etwas abseits, etwa 100 Meter trennen ihn vom Ufer. Und der Platz hat es! Die Liegewiese wird von der prallen Sonne beschienen. Die Picknickbänke werden von zwei älteren Schweden mit neuer Holzschutzfarbe versehen und fit für den Winter gemacht. Lange unterhalten wir uns. Und es ist kein Problem, hier für eine Nacht zu stehen. Danke! Den Nachmittag verbringe ich mit Kaffee und einigen Snacks am Bootssteg und lese. Herrlich.

Gegen 18:00 Uhr wird es merklich kühler und ich gehe zurück zum Camper. Der Abwasch wartet auf mich...

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Samstag 21. September

Mora - Strömsund

Die Temperaturen in der Nacht waren moderat, Heizungsmaßnahmen waren nicht erforderlich. 

Bevor es wieder auf den Inlandsvägen E45 ging, musste ich tanken. Für umgerechnet € 1,45 pro Liter flossen 72 Liter in den Tank. Wie an allen schwedischen Tankstellen, gibt es kein Personal. Bezahlt wird mit Karte. 

Für heute hatte ich kein festes Ziel. Da ich nichts weiter vorhatte, wollte ich fahren, bis die Kondition nachließ (am Ende waren es über 440 Kilometer in sechs Stunden). Die Europastraße ist sehr gut ausgebaut. Geschwindigkeiten zwischen 70 und 90 km/h ließen mich entspannt dahingleiten. Je weiter man nach Norden kommt, desto weniger Verkehr gibt es. Oft dauerte es minutenlang, bis man wieder einem Auto begegnete. Die Vegetation hat sich rasant verändert. War das Birkenlaub gestern nur zart herbstlich verfärbt, wurde die Farbenpracht heute schon deutlicher. Ich durchfuhr ein Fjäll auf etwa 600 Meter Höhe, wo die Birken (andere Laubbäume gibt es hier oben nicht) bereits ihr Blätterkleid abgeworfen haben. Es muss also schon Nachtfröste gegeben haben. Ein irres Naturschauspiel, das durch den permanenten Sonnenschein eine besondere Stimmung bot.

Am frühen Nachmittag erreichte ich Strömsund, das Eingangstor zum Vildmarksvägen. Ich suchte mir einen offiziellen Stellplatz am Heimatmuseum und werde die Nacht hier verbringen.

 

Der blaue Himmel auf den Fotos täuscht übrigens. Tagsüber waren es gerade einmal 9°. Für die  Nacht werden 2° angekündigt.

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Sonntag 22. September

Strömsund - Gäddede

Die Heizung lief die Nacht durch und hielt den Camper auf angenehme 14°. Zum Schlafen ideal. Der Rasen, auf dem ich parkte, war mit Raureif überzogen. Die Außentemperatur lag heute Morgen bei -1°. 

Ich verließ in Strömsund die E45 und bog am Kreisel zur 342 ab. Hier begann der Vildmarksvägen. Übrigens: bei dreistelligen Straßennummerierungen trifft man noch auf Asphalt als Straßenbelag. Wird es vierstellig, sind es meist planierte Schotterpisten.  

In den Baumwipfeln hielten sich die Nebelschwaden. Die Straßenränder links und rechts der Fahrbahn waren überfroren. Die Glatteiswarnung  am Fahrzeugdisplay leuchtete. An einem Sonntagmorgen war noch weniger Verkehr als ohnehin schon hier oben im Jämtland. Später löste sich der Nebel auf und die Sonne kam hin und wieder heraus. Die Route führte an diversen Seen vorbei und bot ein traumhaftes Panorama. Kurvenreich und hügelig ging es zu. Die Straße wurde schmaler und ist neu asphaltiert worden und bot den Ganzjahresreifen ordentlich Grip. Ab und zu gab es Parkbuchten, die etwas abseits der Straße im Uferdickicht und direkt am See lagen. Die waren natürlich alle mit Wohnmobilen bzw. -wagen belegt. Kein Wunder. Wäre Platz gewesen, hätte ich garantiert die Nacht dort verbracht. Solche exponierten Stellplätze findet man selten. So fuhr ich weiter nach Gäddede auf den dortigen Campingplatz und habe auch so einen Stellplatz direkt am See bekommen. Allerdings gegen Bezahlung. Im Ort gibt es eine Tankstelle, die ich auch genutzt habe. Den ICA Supermarkt gegenüber besuche ich am Montag, um die Vorräte aufzufüllen.

Gäddede liegt im Norden in unmittelbarer Nähe der Grenze zur schwedischen Provinz Lappland und im Westen zur norwegischen Provinz Trøndelag. Viele Norweger sind hier mit ihren Teslas wegen der attraktiven Preise anzutreffen, was die Gastronomen, Supermärkte und Tankstelle der 320-Seelen-Gemeinde natürlich freut. Die Restaurants sind am Wochenende gut besucht. Die Gegend zeichnet sich durch viele Wanderwege aus, die im Sommer auch fleißig genutzt werden. Und die Kajakfahrer und Kanuten dürfen auch nicht vergessen werden. Das Pilgerhotel, das die Wanderer und Wassersportler aufnimmt, ist bereits geschlossen. Die Saison ist definitiv zu Ende. Für Hartgesottene stehen auf dem Campingplatz Hütten zur Vermietung bereit. Alle Hütten und Gebäude haben übrigens Wärmepumpen. Das finde ich bemerkenswert.

Am frühen Abend habe ich mir in der Grillstube des Campingplatzes einen Hamburger und ein Bier für zusammen € 19 gegönnt.

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Montag 23. September

Stora Blåsjön

Stora Blåsjön

Stekenjokk

Stekenjokk

Fatmomakke
Fatmomakke

Fatmomakke

Gäddede - Vilhelmina

Es regnete heute morgen und sollte auch den ganzen Tag so bleiben. Der Camper musste wieder mit Frischwasser versorgt werden und der Abwasch stand auch noch an. Das wurde zügig erledigt. Da das Wetter unbeständig mit maximal 5° blieb und auch die nächsten Tage keine besseren Aussichten boten, fuhr ich den noch verbleibenden Teil des Vildmarksvägen komplett durch.​

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Vildmarksvägen

Stora Blåsjön, der Große Blaue See, war das erste Ziel. Tief hingen die Regenwolken in den Hügeln. Vom Blau des Sees war heute nichts zu erkennen, er sah eher tiefgrau aus. Nach einem kurzen Fotostopp war ich froh, wieder im warmen Camper zu sein.

Weiter ging es zum Hochplateau Stekenjokk, das auf einer Höhe von knapp 900 Meter liegt. Die Schranke war offen, also war der Pass befahrbar. Die Straße schraubte sich kurvenreich immer höher. Teilweise musste ich vom 6. in den 4. Gang zurückschalten, um die Steigungen zu schaffen. Je weiter ich nach oben kam, desto weniger Vegetation gab es. Am Ende fühlten sich nur noch Moose und Flechten in der kargen Geröllwüste wohl. Ein tolles Naturschauspiel, das mir endlich auch die ersten Rentiere zeigte.

Nach weiteren 40 Kilometer erreichte ich das Kirchendorf Fatmomakke. Das Dorf liegt abseits der Hauptstraße, ich nahm für fünf Kilometer die Schotterpiste AC 1098. Die war erstaunlich gut präpariert und ließ Geschwindigkeiten von bis zu 70 km/h zu.

Fatmomakke ist ein alter Treffpunkt der Samen, die hier im Frühjahr und Herbst zu kirchlichen Feierlichkeiten zusammenkommen. Fatmomakke ist samisch und bedeutet soviel wie "Platz, wo man sich umarmt". 1781 wurde die Kirche errichtet. Im Laufe der Zeit wurden mehr und mehr feste Häuser gebaut, die das Dorf wachsen ließen. Ein mystischer Ort.

Pitschnass erreichte ich den Camper und fuhr zum letzten Highlight des Tages: dem Trappstegsforsen. Das ist eine Stromschnelle, die sich terrassenförmig ihren Weg bahnt. Einfach beeindruckend. Das Tosen des Wassers ist Ohren betäubend.

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Die letzte Etappe brachte mich bis drei Kilometer vor Vilhelmina an eine Badestelle. Die ist natürlich, wie in Schweden üblich, mit einer Schutzhütte, Holz und einer Feuerstelle ausgestattet und bietet genug Fläche direkt am See, um hier zu übernachten.

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Trotz des miesen Wetters war es ein erlebnisreicher Tag. Gegen Abend sollte der Regen endlich aufhören.

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Trappstegforsen

Dienstag 24. September

Vilhelmina - Rognsmoen

Die Attraktionen des Vildmarkvägens, die ich unbedingt sehen wollte, habe ich gesehen. Der Weg würde ohnehin im drei Kilometer entfernten Vilhelmina enden und auf die E45 münden. Also habe ich kurzerhand Trondheim ins Navi eingegeben und wollte zumindest die grobe Richtung dorthin einschlagen. Mit fast sieben Stunden Fahrzeit wäre mir das in einem Stück zu lang gewesen. Also auf nach Norwegen! Um nicht den gleichen Weg wie gestern zurück zu fahren oder einen Riesenumweg über die E45 zu machen, schlug Google Maps eine Route über das Fjäll vor. Der Blick auf die Landkarte zeigte die zu fahrenden Straßen als weiße Einträge. Okay, dann ist heute eben Gravelroad-Schotterpisten-Tag. Und so kam es auch. Insgesamt wurden es 60 Pistenkilometer. War ich anfangs noch zaghaft mit dem Gaspedal, wurde ich nach und nach mutiger und erreichte so einen Schnitt von 65 km/h, was ich ganz ordentlich fand. Die Pisten waren aber auch hervorragend präpariert. Zwei Fahrzeuge kamen mir entgegen: das Postauto, denn auch hier draußen in der Wildnis leben Menschen, und ein Amazon-Prime-Auto. Ich musste schmunzeln. Nach einer gefühlten Ewigkeit hatte ich dann wieder Asphalt unter den Reifen. In der letzten schwedischen Stadt vor der Grenze wurde noch einmal vollgetankt und reichlich eingekauft für die kommenden Tage. Die Preise in Norwegen sind nochmal um einiges höher als in Schweden. Der Grenzübergang war unspektakulär. Nur der Fahrbahnbelag wechselte von "sehr gut" zu "geht so". Die Norweger scheinen hier oben nicht so viel in den Straßenbau zu investieren.

Die Fahrt auf der Fv 74 war sehr beeindruckend. Die Straße führte etliche Kilometer an einem Fluss entlang, der sich durch die bergige Landschaft wühlte. In Kürze würde die Straße auf die E6 Richtung Trondheim münden. Ich wollte unbedingt vor der Europastraße noch einen Übernachtungsplatz finden. Kurz vor der Einmündung kam dann das Hinweisschild zum Parkplatz für das > Naturreservat Rognsmoen. Das war perfekt. Ich war der einzige Camper dort, zwei weitere sollten später noch folgen. Der Naturpark bot einen Rundweg mit einer Länge von drei Kilometer, auf dem ich einiges über die eiszeitliche Geschichte dieser Gegend erfuhr. Dann begann es auch schon zu dämmern. Es wurde Zeit, im warmen Camper zu verschwinden.

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Mittwoch 25. September

Rognsmoen - Rastplats Sejaur an der AC 1132

Eigentlich ist es nur ein ganz normales Hinweisschild mit Informationen für Autofahrer. Und doch kann es soviel auslösen.​

Welche Richtung?

Aber der Reihe nach.

Schnell hatte ich die Einmündung zur E6 von meinem Übernachtungsplatz erreicht und sah das Schild. Gestern Abend noch hatte ich beschlossen, einen Campingplatz an der gegenüberliegenden Fjordseite von Trondheim aufzusuchen. Die Beurteilungen waren allesamt gut und das beste war: sie bieten eine Fährverbindung vom Platz hinüber nach Trondheim an. Das fand ich für einen Stadtbummel sehr interessant. Zudem würde die nervige Parkplatzsuche in der Stadt entfallen. Von Trondheim aus sollte die weitere Reise dann Richtung Süden gehen.

Als ich das Schild sah, fiel mir aber noch ein weiterer Aspekt von gestern Abend ein. Ich hatte nämlich festgestellt, dass bereits gut die Hälfte der Strecke zum Nordkapp hinter mir lag. Ich war hin- und hergerissen. Ich stand immer noch an der Einmündung, was selbst für geduldige Norweger zu lange dauerte, die hinter mir warteten und hupten. Ich bog Richtung Trondheim ab. Aber der Gedanke ließ mich nicht los. Nach 15 Kilometer steuerte ich einen Parkplatz an und befragte Google Maps und die Wetter App. Ergebnis: 1.440 Kilometer von hier bis zum Kap, viel Regen in Aussicht bei maximal 6°. Aber alles ist schnee- und eisfrei. Nun denn. Also habe ich gewendet und bin Richtung Norden gestartet. Mein Expertenteam daheim hat mich später in dem Entschluss bestätigt.

 

Fazit: bei der Planung immer schön flexibel bleiben

 

Statt die teilweise mautpflichtige E6 durchgängig zu befahren, schlug Google die Route über die E12 und E45 vor. Die war zwar um 30 Kilometer länger, aber komplett mautfrei. Ich habe die Route so übernommen.

Es ist nasskalt bei 5°und nicht wirklich einladend. Dann kann man auch Auto fahren. Heute kamen 420 Kilometer zusammen. Später war ich froh, als der Rastplatz auftauchte und der Tourentag damit beendet war. Außer mir stand hier niemand. Hin und wieder hielt ein Fahrzeug, um sich nach dem Toilettengang der Insassen wieder zu entfernen. Die Straße war wenig befahren, der Verkehr nicht störend. Und obwohl die Straße eine vierstellige Nummerierung aufwies, war sie asphaltiert. Sachen gibt´s...

Es regnete die Nacht hindurch.

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Nordkapp Route

Sofern ich keine neuen Ideen entwickle, wird die Route so aussehen

Donnerstag 26. September

Rastplats Sejaur an der AC 1132 - Karesuando

Am Morgen regnete es immer noch. Der Verkehr nahm zu. Es waren viele LKW unterwegs. Nach dem morgendlichen Kaffee ging es los. Auch heute wird wieder viel gefahren, es sind noch mehr als 1.000 Kilometer bis zum Nordkapp.​

Irgendwann am Vormittag erreichte ich Jokkmokk am Polarkreis. Der dortige Stellplatz kostet inklusive Strom € 25. Die Ver- und Entsorgung ist vorbildlich. Selbst die WCs werden über eine Wärmepumpe beheizt. Eigentlich der ideale Übernachtungsplatz. Aber nicht für mich. Ich wollte bei dem Nieselregen und 5° noch Strecke machen statt den Rest des Tages im Camper zu sitzen.

Am Nachmittag erreichte ich die Grenzstadt Karesuando. Sobald man die Brücke über den Fluss Muonioälv überquert, befindet man sich in Finnland. Der erste Campingplatz war bereits geschlossen. Die Schranke war unübersehbar mit einer Kette gesichert. Der nächste Camping zwei Kilometer weiter war noch offen. Allerdings war das Wasser schon abgestellt. Das bedeutete: keine Dusche und kein WC. Aber Strom gab es. Nach 580 Kilometer hatte ich keine Lust mehr, noch eine andere Bleibe zu suchen und einigte mich mit dem Betreiber auf € 20, die eigentlich für den gebotenen Service zu viel waren. Dafür lief mein Heizlüfter mit 1,5 Kilowatt pro Stunde die ganze Nacht. Eine typische Win Win Situation.​

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Freitag 27. September

Karesuando - Honningsvåg - Nordkapp

In der Nacht waren Minusgrade, der Rasen war am nächsten Morgen überfroren. Das permanente Geräusch des Heizlüfters hatte in der Nacht nicht gestört, das Auto war warm.

Nach dem obligatorischen Kaffee ging es los über die Brücke nach Finnland. Am anderen Ufer trifft die E45 auf die E8. Durch den Nachtfrost hatten sich die Wolken verzogen. Dafür war der Nebel zurück. So früh am Morgen schaffte die Sonne es nicht, ihn aufzulösen. Es war immer noch unter null Grad und die Gefahr von überfrierender Nässe bestand. Moderates Tempo war angesagt. Durch den Nebel mit den sonnigen Abschnitten wirkte die Gegend mystisch und geheimnisvoll. Ich wäre nicht überrascht gewesen, wenn am Straßenrand Trolle gestanden hätten.

Nach etwa 100 Kilometer hatte ich den nordwestlichen Zipfel Finnlands durchquert und erreichte die norwegische Grenze. Der Nebel hatte sich inzwischen vollends verzogen und strahlend blauer Himmel sollte mich nun für den Rest der Strecke begleiten. Je weiter nördlich ich kam, desto karger und unwirtlicher wurde die Landschaft. Selbst Nadelhölzer wollten hier nicht mehr wachsen. Nur kleinwüchsige und Laub lose Birken standen traurig herum.  Flechten und Moose gab es auch noch. 

Bei dem Wetter war es trotzdem traumhaft, hier durchzufahren. Die Straßen waren in perfektem Zustand. Seen und Flüsse wechselten sich ab, häufig umgeben von Hügeln und Felsen. 

In Alta endete die E45 und ich traf wieder auf die E6. Von hier waren es noch 230 Kilometer bis zum Nordkapp. In Olderfjord bog ich auf die E69 ab, die zum Kap führt. Und dann hatte ich ihn erreicht, den Nordkapptunnel. Er hat eine Länge von 6.870 Meter und ist an seiner tiefsten Stelle 212 Meter unter dem Meeresspiegel. Wenn man daran bei der Durchfahrt denkt, wird einem ganz anders. Hat man es geschafft, ist man auf der Insel Magerøya angekommen, auf der das Kap liegt. Die Landschaft ist hügelig. Die Farben Ocker, Beige und Rostbraun herrschen vor. Nur noch kleinwüchsige Vegetation ist zu sehen. Es geht rauf und runter. Steigungen bzw. Gefälle von bis zu 9% sind keine Seltenheit. Teilweise fühlt man sich wie auf einem anderen Planeten. Hier hätten durchaus die Starwars Filme gedreht werden können. Die Kapstraße wurde erst 1956 fertiggestellt und seitdem immer weiter ausgebaut. Der Instandhaltungsaufwand ist bei den klimatischen Bedingungen enorm. Auch jetzt wurde an einigen Stellen gearbeitet, bevor der Winter kommt.

Es gibt mehrere Campingplätze in Nordkappnähe. Alle sind leider schon geschlossen. In Honningsvåg hatte ich nach Alternativen gesucht, aber nichts gefunden, was mir gefiel. Kurzerhand beschloss ich, die letzten 26 Kilometer zum Nordkapp weiterzufahren. Für knapp € 20 Parkgebühren durfte ich dort für 24 Stunden stehen, was die Übernachtung mit einschloss. Eine Ver- und Entsorgung gibt es dort allerdings nicht. Also unbedingt vorher alles erledigen. Und an Proviant sollte es auch nicht fehlen.

Ich war um 16:30 Uhr da und hatte noch 90 Minuten bis Sonnenuntergang. Das reichte für einen Rundgang und die obligatorischen Fotos. Und es war windstill, die Sonne war zu sehen und es gab nur wenige Wolken. Besser hätte ich es nicht treffen können. Solche Wetterlagen gibt es nur wenige im Jahr. Ich war sehr zufrieden und froh, die Tour gemacht zu haben

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Weltkugel

N 71° 10´  21"

Samstag 28. September

Nordkapp - Skarvbergvika

Die Nacht war ruhig und ich habe gut geschlafen. Draußen war alles Wolken verhangen. Hin und wieder gab es Sturmböen. Es wurde Zeit, sich wieder einmal um die Innenreinigung des Campers zu kümmern. Man glaubt gar nicht, wieviel Staub und anderer Unrat sich in kurzer Zeit ansammeln kann. Da die Nordkapphalle erst um 11:00 Uhr öffnet, wollte ich das vorher erledigen. Gleich nach dem Kaffee.​

Eigentlich wollte ich nur in den Souvenirshop, um mir einen Nordkappbecher zu kaufen . Da sich aber alles in einem Gebäude befindet (auch die Toiletten!), musste ich erst einmal € 29 Eintritt bezahlen. Dafür gibt es allerdings auch eine Multimediashow und vielfache Informationen zum Nordkapp. Das ist schon interessant und gut gemacht. Und das große  Panoramafenster mit Blick auf das Polarmeer hat schon was. Ein Restaurant ist ebenso angeschlossen. Den Eintritt finde ich trotzdem happig. Wer weitergehende Informationen zum Nordkapp und/ oder zur Nordkapphalle haben möchte, kann hier nachlesen:

 

​> Wiki Nordkapp

> Wiki Nordkapphalle

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Nach eineinhalb Stunden hatte ich alles gesehen und auch meine Einkäufe erledigt. Dann kamen die Touristenbusse. Es war Zeit, wieder den Camper aufzusuchen. Ab 13:00 Uhr habe ich noch die 2. Bundesliga verfolgt. Ja, selbst am Ende der Welt gibt es 5G-Standard und man kann nach Herzenslust streamen, wenn man möchte. Norwegen ist zwar kein EU-Mitglied, gehört aber zum europäischen Wirtschaftsraum EWR. Somit fallen keine Roaminggebühren an.

Das Wetter verschlechterte sich mehr und mehr. Inzwischen hingen die Wolken so tief, dass ich die 150 Meter entfernte Weltkugel kaum noch erkennen konnte. Der Camper wurde vom Sturm hin und her gerüttelt. Wie froh war ich, gestern das Kap bei ausgesprochen gutem Wetter besichtigt zu haben. Die Touristenbusse waren vor einer Stunde bereits auf dem Rückweg und da das Parkticket ohnehin bald ablaufen würde, machte auch ich mich auf den Weg. Ich hatte den nördlichsten Punkt meiner Reise erreicht. Das Wetter war übel und verantwortlich dafür, dass es heute nur wenige Fotos gab. Die Scheibenwischer vollbrachten Schwerstarbeit und die Strecke war bei den Bedingungen anspruchsvoll. Von der wunderschönen Küstenstraße war wenig zu sehen. Der Horizont und das aufgepeitschte Meer verwoben zu einer grauen Masse ohne Übergang. Bereits auf dem Hinweg hatte ich einen Stellplatz entdeckt, auf dem ich bei der Rückfahrt übernachten wollte. Nach zwei Stunden Fahrt hatte ich den Platz erreicht.

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Schietwetter

Schietwetter am Nordkapp

Stellplatz mit Aussicht

Stellplatz Skarvbergvika mit Blick auf den Porsangerfjord

Sonntag 29. September

Skarvbergvika - Alta

Es war wieder ein Tag der Entscheidung. Aber dazu später mehr.​​​​​​

Der Übernachtungsplatz bot einen tollen Ausblick auf den Porsangerfjord. Außer mir haben drei weitere Camper hier die Nacht verbracht. Bevor es wieder auf die Straße ging, musste noch ver- und entsorgt werden. Der Platz ist hervorragend ausgestattet und könnte eine Referenz für so manchen Betreiber sein.

Der Regen hatte noch nicht aufgehört. In Olderfjord endet die E69 und ich musste mich entscheiden, in welche Richtung der E6 es nun weitergehen sollte: geradeaus nach Karasjok, oder rechts nach Alta. Ich entschied mich für Alta, da ich große Teile der anderen Strecke bereits im letzten Jahr während der Finnlandtour bereist hatte, als wir vom Varangerfjord zurückkamen. Ich wollte etwas Neues sehen.

Es ging in die Hochebene, die sich etwa auf einer Höhe von 300 Meter befindet. Die Hügel links und rechts der Route waren verschneit. Die Straße war zwar nass, aber schneefrei. Die Außentemperatur lag um den Gefrierpunkt. Also war auch hier moderates Tempo angesagt. Selbst die Norweger reduzierten ihre Geschwindigkeit.

Ich hatte mir den > Alta River Camping ausgesucht, der außerhalb der Stadt an der E45 liegt. Nach zweieinhalb Stunden hatte ich den Platz erreicht und durfte für 300 NOK (mit Strom) eine Nacht bleiben. Der Platz ist etwas in die Jahre gekommen mit einfachen, aber sauberen Einrichtungen. Als Zwischenstopp zum bzw. vom Nordkapp ist er durchaus empfehlenswert.

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Ein Stadtbummel fiel aufgrund der Entfernung in die City aus. Einen ÖPNV Anschluss gab es leider nicht. Das regnerische Wetter und 3° luden nicht wirklich zum Bummeln ein. Ich konnte mich auch im Camper prima beschäftigen. Das platzeigene WLAN war hervorragend.

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Montag 30. September

Überfrorene Seen
Suomi
Der heutige Platz

Alta - Hetantie/ FIN

Kaffee trinken, Duschen, etwas Wäsche durchspülen und trocknen, Ver- und Entsorgung, schon wieder durchfegen - da kann der Morgen ziemlich schnell vorübergehen. Kurz vor 11:00 Uhr war alles erledigt und es ging los. Durch die Lage des Campingplatzes an der E45 wurde mir die Entscheidung, welche Richtung eingeschlagen werden soll, abgenommen. Die weitere Route für die nächsten Tage: E45, Landstraße 93 und schließlich über die E8 ins schwedische Haparanda, das am nördlichen Bottnischen Meerbusen liegt. Von dort aus gibt es verschiedene Optionen, die ich später entscheide. Die E8 bis Haparanda verläuft im Grenzgebiet zwischen Finnland und Schweden.

Es ging weiter über die Hochebene. Im Gegensatz zu gestern, hatte es in der Nacht heftiger geschneit und dieses mal auch die Straße erreicht. Dort, wo sie im Schatten lag, war sie überfroren. Auch die Seen trugen eine dünne Eisschicht. Zum Glück war es sonnig mit wenigen Wolken, sodass der Schnee bzw. Frost schnell wegtaute. Unterstützt wurde der Tauprozess vom norwegischen Streudienst. Nach 80 Kilometer hatte ich das Plateau verlassen und kam in die schnee- und eisfreie Zone. Die Straßen waren trocken, sodass wieder die zulässige Höchstgeschwindigkeit gefahren werden konnte (zwischen 80 und 100 km/h).

In Kautokeino steuerte ich den Rema 1000 an, um die Vorräte aufzufüllen. Es ist schon teuer in Norwegen. Der Dieselpreis z.B. liegt bei umgerechnet € 1,95 pro Liter. 

Der Grenzübertritt nach Finnland war problemlos. Niemand war zu sehen. In Enontekiö habe ich für € 1,84 je Liter getankt. So nah an der Grenze zu Norwegen fand ich den Preis noch zu hoch und habe erst einmal nur 30 Liter nachgetankt. Sobald ich weiter ins Landesinnere komme, wird der Preis mit Sicherheit niedriger.

Die Campingplätze am Weg waren alle schon geschlossen. Schließlich landete ich an einem Badesee. Der Platz liegt zwar ziemlich dicht an der Straße, aber gegen Abend wird der geringe Verkehr noch weiter abnehmen. Ach übrigens: in Finnland ist man eine Stunde weiter. 

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Alta - Haparanda

Die weitere Tour

Dienstag 01. Oktober

Hetantie - Nationalpark Pallas

Ich hatte tief und fest geschlafen und bin erst spät aufgewacht. Da für heute noch kein festes Ziel geplant war, ließ ich mir mit den Morgenroutinen Zeit. Nach den langen Touren und vielen Kilometer der letzten Woche wollte ich es für die kommenden Tage moderater angehen lassen.

Im 60 Kilometer entfernten Muonio hatte ich im Netz einen Stellplatz gefunden, der mir allerdings wegen seiner Lage direkt an der E8 überhaupt nicht zusagte. Zudem sollte er € 28 kosten. Wofür? Ich fuhr weiter und sah das Schild zum Nationalpark, der etwas abseits meiner eigentlichen Route lag. Die Sonne schien und mit 9° war es im Vergleich zu den letzten Tagen angenehm. Also fuhr ich die 25 Kilometer dorthin. Die Strecke war hügelig und kurvenreich und von Nadelhölzern dicht bewachsen. Das Grün war eine Wohltat nach den tristen Anblicken der letzten Tage auf dem Plateau. Ich fand einen Parkplatz, von dem einige Wanderwege abgingen. Dort wollte ich auch die Nacht bleiben. Da ich wetterbedingt die letzten Tage wenig Bewegung hatte, lief ich am Nachmittag einen sechs Kilometer langen Rundweg. Das tat richtig gut! Diese unvergleichliche frische Luft, die Abgeschiedenheit und die Stille haben mich fasziniert und meinen persönlichen Akku ordentlich aufgeladen. Unterwegs sah ich einige Rentiere, die durch das Unterholz streiften. Für Handyfotos waren sie leider zu weit entfernt. Nach zwei Stunden war ich zurück am Camper und überlegte, was die Bordküche heute wohl so hergeben würde. Der kleine Marsch hatte mich hungrig gemacht.

Morgen werde ich nicht auf die E8 zurückfahren, sondern auf dieser Nebenstrecke (die 79) bleiben, die auch Richtung Süden führt. Die 79 hatte mir gut gefallen und ich hoffe, dass sie weiter so interessant bleibt. Mal sehen, wo ich den nächsten Stopp einlege.

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Pallas Nationalpark

Mittwoch 02. Oktober

Nationalpark Pallas - Narkaus

Es war eine gute Entscheidung, die 79 weiterzufahren. Das wunderbare Landschaftsbild mit den vielen Nadelhölzern setzte sich fort. Die Sonne schien. Es machte Spaß, durch die Landschaft zu bummeln. Damit gab es allerdings wieder eine Planabweichung. Durch die geänderte Route (79 statt E8) habe ich das schwedische Haparanda nicht erreicht.

Seit Tagen schon stoße ich an meiner Strecke immer wieder auf Jagdgesellschaften, die sich mit ihren SUVs auf Parkplätzen treffen, um von dort gemeinsam ins Unterholz aufzubrechen. Häufig sind Trailer an den Fahrzeugen angehängt, auf denen sich dreiachsige Quads befinden. So ein Quad würde ich gerne einmal fahren.

Irgendwann erreichte ich Finnlands bekanntesten Wintersportort > Levi. Neben den klassischen alpinen Pisten gibt es 230 Kilometer Loipen für die Langläufer. Eine Piste am 531 Meter hohen Berg war schon von Schneekanonen präpariert worden. Die Saison beginnt im Oktober und geht bis Mai des kommenden Jahres. Es gibt in der Nähe sogar einen kleinen Flugplatz. Heute war es noch ruhig im Ort.

Und dann endete die 79 nach 230 Kilometer in Rovaniemi. Ein Abstecher zum > Santa Claus Village musste natürlich sein. Für Familien mit kleinen Kindern mag es reizvoll sein. Ich beschränkte mich auf einen Restaurantbesuch. Der Souvenirshop war gut gefüllt mit asiatischen Gästen. Ich fand hier nichts ansprechendes. Natürlich gab es noch die obligatorischen Fotos vom Polarkreis, bevor ich den kostenfreien Stellplatz  ansteuerte. Etwa 100 Fahrzeuge können hier in unmittelbarer Nähe zum Village abgestellt werden. Nachteil: der Platz befindet sich direkt an der E75, die eine hohe Frequenz an Fahrzeugen hat. Nach 20 minütigem "Probestehen" wollte ich hier nicht bleiben. Der Lärm der vorbeifahrenden LKW war nicht zu ertragen. So wird das nichts mit der Nachtruhe.

Ich fuhr weiter gen Süden und verließ den Polarkreis und damit Lappland. Es ging auf die 78 in Richtung Paltamo und ich war mir sicher, unterwegs einen geeigneten Platz für die Nacht zu finden. Und so war es auch. 30 Kilometer hinter Rovaniemi gab es einen > Campingplatz, der völlig leer war. Ich nahm an, dass auch dieser Platz schon geschlossen war. Der Betreiber kam aus seinem Haus und deutete mit Winken an, dass ich bleiben solle. Er sprach nur Finnisch, aber irgendwie hat die Verständigung funktioniert. Für € 20 bekam ich einen Platz mit Seeblick, Dusche und WC. Die sanitären Einrichtungen sind zwar unterster Standard, aber für eine Nacht wird es schon gehen.

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Donnerstag 03. Oktober

Narkaus - Paltamo

Es hatte in der Nacht wieder gefroren. Die Heizung lief und im Camper war es mollig warm. Nach einer ausgiebigen Dusche gab es erst einmal Kaffee. Bis dann alle Dinge verräumt waren, dass man abfahren kann, dauerte es so seine Zeit. Durch den Frost war die Luft sehr klar und frisch. Hinter den Baumwipfeln kam die Sonne allmählich zum Vorschein. Schön, so in den Morgen zu starten.

In Ranua konnte ich endlich den Müll entsorgen. So viele Möglichkeiten gibt es dafür in der Nachsaison nicht. Und der Dieseltank wollte wieder gefüllt werden. Für € 1,63 pro Liter wurde auch das erledigt.

Am frühen Nachmittag erreichte ich Paltamo und habe beim K-Market eingekauft. Ich brauchte dringend Filtertüten und Bananen. Anschließend ging es zum heutigen Stellplatz. Von der Hauptstraße führte eine 5 Kilometer lange Schotterpiste dorthin, direkt an einen See. Ach, wie hatte ich die Piste vermisst! Es gibt eine kleine Steganlage. Bis auf ein Boot sind alle anderen bereits aus dem Wasser und an Land aufgebockt. Es gibt sogar einen kleinen Sandstrand. Und eine Trockentoilette. Hier werde ich bleiben.

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Freitag 04. Oktober
Samstag 05. Oktober

Paltamo - Joensuu - Vaalimaa

Die Tour geht allmählich dem Ende entgegen. Freitag und Samstag waren intensive Fahrtage mit jeweils 300 Kilometer.

Je weiter man in das untere Drittel Finnlands kommt, desto dichter wird der Verkehr. Auch die Landschaft hat sich wieder verändert, das Klima im Süden ist deutlich milder als in Lappland. Die Birken erreichen Höhen zwischen 10 und 15 Meter und haben im Vergleich zum Norden noch viel Laub. Sogar einige grüne Blätter sind noch zu finden. Das Land wird flacher, Berge sind nicht mehr zu sehen. Viel Landwirtschaft wird betrieben.

 

In Joensuu hatte ich ein schönes Plätzchen direkt an einem kleinen Sportboothafen. Hier herrschte tagsüber emsiges Treiben. Die Bootseigner waren dabei, ihre Schiffe für das Winterquartier zu reinigen und alles zu verstauen. Viele Boote wurden aus dem Wasser geholt. Ich schloss mich an und unterzog dem Camper eine intensive Innenreinigung. Zum Sonnenuntergang kehrte Ruhe ein. Nur die unzähligen Kraniche und Gänse, die im Formationsflug auf dem Weg zu ihren Nachtquartieren waren, verabschiedeten sich mit lautem Geschrei. Was für ein Spektakel! Morgen werden sie gemeinsam mit mir weiter Richtung Süden ziehen.

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Der ausgesuchte Platz in Lappeenranta entpuppte sich als reiner Truckstopp an der vierspurigen 6. Immerhin gab es auch eine Entsorgungsstation für Wohnmobile, die ich nutzte. Aber bleiben wollte ich hier nicht. Ich suchte auf der Landkarte und mit Unterstützung einiger Apps nach Ersatz und wurde auch fündig. Es sollte sich um einen Campingplatz handeln, der ganzjährig geöffnet ist. Na, mal sehen, ob das so ist.

Der Weg dorthin führte über die uralte Pilger- und Handelsstraße Via Karelia, auf der die  Kaufleute und orthodoxen Pilger nach Norden reisten. Sie beginnt am Finnischen Meerbusen und endet in Salla in Lappland. 

Der Platz, der unmittelbar an der russischen Grenze nahe dem Örtchen Vaalimaa liegt, war tatsächlich geöffnet. Ich meldete mich telefonisch bei der Betreiberin an, die am Sonntagvormittag zum Kassieren vorbeikam. Ich hatte freie Platzwahl und stand nur wenige Meter vom Seeufer entfernt. Die Nachmittagssonne war noch ungewöhnlich kräftig und erreichte tatsächlich zweistellige Temperaturwerte. Ein schöner Nachmittag, der in einem noch schöneren Sonnenuntergang über dem See zu Ende ging. Das Konzert der Kraniche durfte natürlich auch nicht fehlen.

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Sonntag 06. Oktober

Rastila Camping
SP Helsinki

Endstation Helsinki

Vaalimaa - Helsinki

​Die letzten 180 Kilometer bis Helsinki verliefen unspektakulär. Die Betreiberin des Campingplatzes kam heute Vormittag erst gegen 11:00 Uhr zum kassieren, was meine Abfahrt verzögerte.

Ich steuerte wieder den > Rastila Camping im Osten Helsinkis an, den wir schon im letzten Jahr genutzt hatten, und checkte für zwei Tage ein. Nach den vielen Kilometern der letzten Wochen möchte ich die Tour entspannt ausklingen lassen. Am Montag geht es zum Sightseeing ins Zentrum von Helsinki. Darauf freue ich mich schon.

 

Und am Dienstag fahre ich zum nahegelegenen Fährhafen Vuosaari. Die "Finnstar" wird den Camper und mich in 30 Stunden nach Travemünde bringen, wo wir am Mittwoch landen.

 

Und damit endet dieser Blog.

 

Es waren spannende und vielfältige Eindrücke, die ich gesammelt habe. Vor allem die teilweise bizarren Landschaften im hohen Norden und natürlich das Nordkapp bleiben nachhaltig in Erinnerung. Jeder der fast 6.000 gefahrenen Kilometer war es wert. 

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Erkenntnis der Tour: wer Ende September ans Nordkapp fährt, braucht keine kurzen Hosen einzupacken.

Fahne Schweden
Norway
Finnland Fahne
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